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Stellungnahme zum Kabinettsbeschluss für ein neues Bayrisches Ladenschlussgesetz

Der Katholische Arbeitnehmer-Bewegung Diözesanverband Augsburg e.V. ist ein Sozial- und Berufsverband, der die Interessen seiner knapp 3.000 Mitglieder in Kirche, Politik und Arbeitswelt vertritt.

Anlässlich des Kabinettsbeschlusses für ein neues Bayrisches Ladenschlussgesetz sieht sich der Diözesanausschuss der KAB im Bistum Augsburg zu einer deutlichen Stellungnahme veranlasst. Denn die von der bayrischen Sozialministerin Frau Scharf postulierte „ausgewogenen Balance zwischen der Verantwortung für die Freiheit des Marktes und der Verantwortung für das Gemeinwohl“ sehen wir durch die im Kabinettsbeschluss ausformulierten Neuerungen keineswegs gewahrt. Im Gegenteil werden das Umsatzinteresse der Verkaufsstelleninhaber und das Shopping-Interesse der Konsumenten über das in Vernunft und Tradition begründete gesamtgesellschaftliche Interesse gestellt.

Zunächst begrüßen wir ausdrücklich die vorgesehene Beibehaltung der regulären werktäglichen Öffnungszeiten von 6 bis 20 Uhr. Diese Einschränkung der Kernöffnungszeiten im Einzelhandel sind für die betroffenen Arbeitnehmenden Garant für die Frei- und Familienzeitgestaltung im Rahmen des sozialen Rhythmus unserer Gesellschaft. Ebenfalls begrüßen wir, dass keine Ausweitung der anlassbezogenen Sonntagsöffnungen angedacht ist, die im Widerspruch zum hohen Gut des Sonntagsschutzes stehen würden.

Mit Sorge betrachten wir allerdings den fokussierten durchgehenden Betrieb digitaler Kleinstsupermärkte an Sonn- und Feiertagen. Digitale Kleinstsupermärkte bieten eine innovative Möglichkeit zur Sicherstellung der Nahversorgung, die wir trotz der einhergehenden Risiken (Ausweitung prekärer Arbeit; Ruhestörungen, Abfallbelastung und Vandalismus; mangelnde Kontrolle von Arbeitszeiten; Überwachungs- und Datenschutzfragen; mangelnde Zugänglichkeit für technisch nicht versierte Menschen; Bedrohung des analogen Einzelhandels) grundsätzlich nicht ablehnen. Kritisch sehen wir allerdings deren durchgängige Öffnung an Sonn- und Feiertagen. Einerseits zeigen uns die bisherigen Erfahrungswerte, dass der sonntägliche Betrieb von sog. Smart-Stores zu Lasten der Arbeitnehmenden geht. Denn der reguläre Geschäftsbetrieb bedingt zwangsläufig auch einen (außerplanmäßigen) Personaleinsatz, sei es beispielsweise zur Befüllung der Regale, zur Behebung technischer Störungen oder zur Reinigung der Geschäftsräume. Dies lässt sich trotz anderslautender gesetzlicher Regelungen zur Arbeit an Sonn- und Feiertagen in der Praxis kaum verhindern. Andererseits steht der sonntägliche Geschäftsbetrieb von digitalen Kleinstsupermärkten im krassen Widerspruch zu dem von der bayrischen Staatsregierung ostentativ betonten, aber offensichtlich missverstandenen, Sonntagsschutz. Denn die besondere Qualität des Sonntags besteht eben nicht allein in seiner Eigenschaft als werkfreier Tag (mit Ausnahmen für gesellschaftlich notwendige Arbeiten). Es ist darüber hinaus das Fehlen des Werktagscharakters an sich, das den Sonntag von den übrigen Wochentagen unterscheidet. Geschlossene Geschäfte, unabhängig davon, ob diese mit oder ohne Personaleinsatz betrieben werden, ermöglichen erst, dass die Gesellschaft als Ganzes zur Ruhe kommt. Nicht konsumieren zu müssen bzw. zu können, auch darin liegt die revolutionäre Errungenschaft des freien Sonntags für unsere Gegenwart begründet. Deshalb gilt es den Sonntag als wirklichen Freiraum für „ganz Anderes“ zu verteidigen.  Der Sonntag muss derjenige Tag in der Woche bleiben, an dem Menschen nicht produktiv oder für den Binnenmarkt rentabel sein müssen. Der Tag soll für die eigene Erholung, für den Freundeskreis und für das Familienleben reserviert bleiben. Der geschäftliche Betrieb von digitalen Kleinstsupermärkten an Sonntagen steht dem Interesse der Arbeitnehmenden nach einer gesellschaftlichen Atempause und Entschleunigung somit zweifellos entgegen.

Ebenfalls betrachten wir die vorgesehene Möglichkeit der Städte und Gemeinden, pro Jahr bis zu acht anlasslose Einkaufsnächte von Montag bis Samstag bis 24 Uhr abzuhalten, kritisch. Wir erkennen die vielerorts bestehende Notwendigkeit zur Belebung innerstädtischer Bereiche an und unterstützen vielfältige Bemühungen und Konzepte zur Erreichung dieses Ziels. Dies darf jedoch nicht in Form von Nachtarbeit zu Lasten der Arbeitnehmenden gehen. Die Ausweitung der Nachtarbeit ist gerade in Zeiten von Personalmangel nicht dazu geeignet die Attraktivität von Arbeitsplätzen im Einzelhandel zu steigern, sondern wird zu einer weiteren Verschärfung der Situation beitragen. Sie ist darüber hinaus auch aus Gründen des Gesundheitsschutzes - überall dort wo möglich – dringlichst zu vermeiden. Wir weisen darauf hin, dass die Ausweitung anlassloser Einkaufsnächte insbesondere den Interessen der Einzelhandelsketten und großer Konzerne entspricht, während kleinere und/oder inhabergeführte Betriebe in weitaus geringerem Ausmaß davon profitieren dürften. Dass die Entscheidungskompetenz über das Ob und Wie oft bei den Kommunen liegt, ist bei all den genannten Problemen nur ein Wermutstropfen.

Wir rufen die bayrische Staatsregierung dazu auf, die geäußerten Bedenken und Einschränkungen der Kirchen, Gewerkschaften und Sozialverbände ernst zu nehmen und vom Kabinettsbeschluss für ein neues Bayrisches Ladenschlussgesetz in seiner jetzigen Form Abstand zu nehmen.

Gezeichnet im Namen des Diözesanausschusses

Stefan Hanft
KAB-Diözesansekretär

Pressekontakt:
Stefan Hanft
0821 3166 3512
stefan.hanft@kab-augsburg.org

Bild: Rainer Sturm / pixelio.de

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