Manchmal kann es ganz schnell gehen: Ein Unfall, ein Sturz – und jemand aus der Familie, dem Freundes- oder Bekanntenkreis werden pflegebedürftig. Das heißt, grundsätzlich kann Pflegebedürftigkeit in allen Lebensabschnitten auftreten. Tritt Pflegebedürftigkeit bei einem nahen Angehörigen plötzlich ein, stellen sich viele Fragen: Wer kann helfen? Welche Stufen der Pflegebedürftigkeit gibt es? Welche Leistungen bietet die gesetzliche Kranken- und Pflegeversicherung den Betroffenen an? Wie hoch ist das Pflegegeld? Auf diese und andere Fragen erhielten die Besucher des Themenabends von Monika Gampe Antworten. In einem anschließenden Kurzvortrag informierte der Vorsitzende des Penzberger KAB-Leitungsteams und Sozialversicherungsfachwirt, Michael Schmatz, über das „Gesetz zur besseren Vereinbarkeit von Familie, Pflege und Beruf", welches am 1. Januar 2015 in Kraft tritt.
Pflegebedürftig im Sinne des Pflegeversicherungsgesetzes sind Personen, die wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung, für die gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen im Ablauf des täglichen Lebens, auf Dauer, voraussichtlich aber für mindesten sechs Monate in erheblichem oder höherem Maße der Hilfe bedürfen. „Zu den gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen des täglichen Lebens zählen", so Monika Gampe, „die Körperpflege, Ernährung, Mobilität und die hauswirtschaftliche Versorgung." Zur Körperpflege gehören beispielsweise das Waschen, Duschen oder Baden.
Leistungen der Pflegeversicherung werden nur auf Antrag gewährt. Alle Pflegebedürftigen haben einen Anspruch auf individuelle Beratung und Hilfestellung durch Pflegeberaterinnen oder Pflegeberater der Pflegekassen. Die Pflegekassen sind bei der gesetzlichen Krankenkasse angesiedelt, bei der man auch krankenversichert ist. Bevor ein Pflegebedürftiger eine Pflegestufe erhält wird eine Begutachtung durch den Medizinischen Dienst der Krankenkassen durchgeführt. Dazu kommt ein unabhängiger Gutachter in den Haushalt, in dem der Pflegebedürftige sich aufhält. Er prüft, ob die Voraussetzungen der Pflegebedürftigkeit vorliegen und welche Pflegestufe für den Betroffenen in Frage kommt. Es gibt vier Pflegestufen. Nach der zugeteilten Pflegestufe entscheidet sich auch, wie hoch die finanziellen Leistungen sind, die der Betroffene von der Pflegekasse erhält.
In einem Kurzvertrag stellte der Fachautor und Sozialversicherungsfachwirt, Michael Schmatz, noch das Wesentliche des Gesetzes zur besseren Vereinbarkeit von Familie, Pflege und Beruf vor, welche zum Jahreswechsel 2014/2015 in Kraft treten. Künftig können sich Arbeitnehmer, die einen nahen Angehörigen pflegen, von der Arbeit für eine bestimmte Zeit befreien lassen. Zudem hat er in dieser Zeit einen besonderen Kündigungsschutz. Anders wie bisher, besteht jetzt ein Rechtsanspruch. Allerdings gibt es auch eine Einschränkung: Wer in einem Betrieb mit bis zu 15 Beschäftigte arbeitet, kann sich nicht von der Arbeit befreien lassen, wenn er einen Angehörigen zu Hause pflegt. Zusätzlich haben die Personen, die einen Angehörigen für längere Zeit pflegen, die Möglichkeit, bei Reduzierung der Arbeitszeit, ein zinsloses Darlehen in Anspruch zu nehmen. Hier kritisierte der Penzberger KAB-Chef, Michael Schmatz, die Beschlüsse der großen Koalition in Berlin: „Das zinslose Darlehen wird kaum einer beantragen, wer will schon nach einer längeren Pflege eines Angehörigen auf Schulden herumsitzen." Er geht davon aus, dass das am Ende „ein Rohrkrepierer" wird. Hier fordert Schmatz stattdessen eine staatliche Sozialleistung, die wie das Elterngeld, bei der Erziehung eines Kindes, bei der Pflege eines Angehörigen gezahlt wird.
„Nicht verständlich ist", nach Auffassung von Schmatz, „dass Arbeitnehmer, die in Kleinbetrieben arbeiten, sich nicht von der Arbeit befreien lassen können. Beantragt ein Beschäftigter, wegen der Pflege eines Angehörigen eine Auszeit, soll der Chef des Kleinbetriebes, für seinen Mitarbeiter einen finanziellen Ausgleich von der Pflegekasse erhalten."
Text und Foto: Michael Schmatz